Schwerhörigen-Verein Passau e.V. und CI-SHG-Ostbayern besuchen die Informationsveranstaltung in München im Rahmen des 10. Deutschen CI-Tages des DCIG

Das (T)Ohr zur Welt – Infoveranstaltung im Münchener Salesianum

An diesem Tag gab es mal wieder Informationen satt aus den verschiedensten Bereichen rund um das Thema Hören und Verstehen. Dass Menschen für gelingende Kommunikation ganz unterschiedliche Wege beschreiten, machte Regine Zille in ihrer Begrüßung deutlich. Da müssen Brücken gebaut werden, die tragfähig sind- im Einzelfall aber sehr unterschiedlich aussehen können- je nach den Bedürfnissen der Hörgeschädigten. In den Vorträgen und Workshops wurden einige dieser Brücken genauer vorgestellt. Zu Beginn sprach Christian Bredl, Leiter der Technikerkrankenkasse Bayern. Die TKK unterstützt natürlich auch die Arbeit der Selbsthilfegruppen und bietet drüber hinaus einen Dienst zur Online-einstellung von CIs an, der von Mitgliedern bundesweit ins Anspruch genommen werden kann. Das erspart den Patienten weite Fahrten zu den Kliniken.

Frau Dr. Söllner-Schaar, stellvertretende Sprecherin der SPD München, ging in ihrem Grußwort auf die Bemühungen der Politik ein, Barrierefreiheit auch für Hörgeschädigte voranzutreiben. Als Motto gab sie den Zuhörern die schöne Maxime mit: Das Unmögliche fordern, damit das Mögliche herauskommt.

Als erster Referent sprach Dr. John-Martin Hempel, leitender Oberarzt am Klinikum Großhadern. Er stellte für Laien erfreulich verständlich aktive und passive Hörimplantate vor und erzählte auch aus der klinischen Praxis. Er machte deutlich, wie viele unterschiedliche Ursachen eine Hörschädigung haben kann und wie vielfältig die Möglichkeiten sind, auf operativem Wege eine Verbesserung oder sogar Wiederherstellung des Hörvermögens zu erreichen.

Dr. Claudia Teschke sprach nun über das, was nach einer CI Operation kommt- nämlich die Nachsorge. Sie ist Logopädin und arbeitet im Klinikum rechts der Isar.
Rehabilitation ist ein unverzichtbarer Bestandteil der CI Versorgung. In der Zeit nach der Erstanpassung folgen etliche Feinanpassungen kombiniert mit einem Hörtraining, das in der Regel ebenfalls in der implantierenden Klinik stattfindet. Jeder, der ein CI hat, weiß, dass es nicht einfach auf Knopfdruck funktioniert, sondern dass das Hören damit gelernt sein will. Der Erfolg der Nachsorge wird über Kontrollen überprüft, nach 3, 5 12 Monaten. Ein immer gleiches Standardverfahren kann beim Hörtraining nicht angewandt werden, da die Voraussetzungen bei den Patienten extrem unterschiedlich sind.
Eine besondere Herausforderung ist z.B. das Training bei einseitig Ertaubten, die ein CI bekommen haben. Es ist kaum machbar, das gut hörende Ohr komplett zu vertäuben, daher wird hier viel über Audioträger wie CD Player geübt, die direkt an das CI angeschlossen werden. Bei kombinierten Geräten- also der elektro- akustischen Stimulation (EAS) ist es sinnvoll, zunächst nur mit der CI Komponente zu üben und erst bei gutem Hörerfolg das Hörgerät zuzuschalten. Frau Teschke machte allerdings auch deutlich, dass das Hören mit CI ein lebenslanger Prozess ist und nicht mit der Beendigung des Hörtrainings an der Klinik zu Ende ist. Jeder wache und interessierte Patient wird Mittel und Wege finden, sein Hören weiter zu optimieren.

In der folgenden Kaffeepause konnte man sich noch mit den Referenten austauschen oder aber die Aussteller besuchen und sich weitere Informationen holen.

Nun folgte ein spannender Vortrag über das Thema: „Berufliche Möglichkeit als Hörgeschädigter“ von Dr. Veronika Wolter, die im Krankenhaus Martha Maria als HNO Ärztin arbeitet und selber beidseits mit CI versorgt ist. Sie spricht also aus eigener Erfahrung. Für jeden jungen Hörgeschädigten stellt sich die Frage, welchen Ausbildungsweg man nach der Schule einschlägt- Ausbildung oder Studium. Zur Ausbildung- worauf sollte man achten? Wichtig ist die Größe des Betriebes. Ist er klein und überschaubar, kann man alle Mitarbeiter über die Schwerhörigkeit informieren. Man sollte Berufe wählen, in denen man möglichst selbständig arbeiten kann. So findet weniger stressige Kommunikation statt. Wichtige Tipps zur Berufswahl kann das BBW geben. Es gibt auch eine Arbeitsagentur speziell für Hörgeschädigte. Sie arbeitet auch mit dem DSB zusammen.

Studieren mit einer Hörschädigung ist eine echte Herausforderung. Es gibt große Hörsäle, viele unbekannte Fachbegriffe, die Dozenten sprechen teilweise undeutlich, es gibt oft keine Skripte, nach einem langen Studientag ist man erschöpft. Wenn Schriftdolmetscher oder Gebärdensprach- dolmetscher verfügbar sind, bleibt die Frage der Finanzierung. Man sollte sich, sofern möglich, eine kleine Fakultät suchen und ein Fach, das nicht überlaufen ist. In Kleingruppen lernt es sich besser als in Gruppen mit mehr als 30 Mitgliedern. Ansonsten muss man mit viel Energie und Einfallsreichtum versuchen, an alle notwendigen Informationen zu kommen. Hier wäre zu nennen der Einsatz einer FM Anlage, Organisieren der Skripte und Folien beim Dozenten, Literatur, mit der man zu Hause nacharbeiten kann, was man nicht verstanden hat. Frau Wolter hat z.B. selber herausgefunden, dass es ein Stethoskop für Schwerhörige gibt – diese Empfehlung wurde ihr innerhalb ihres Medizinstudiums von keinem gegeben.
Wichtig ist ein offener Umgang mit der Hörschädigung und natürlich – Humor. Frau Wolter ist glücklich darüber, dass sie trotz ihrer Schwerhörigkeit operieren kann- keine Selbstverständlichkeit, arbeitet man doch mit Mundschutz, der das Verstehen stark behindert. Sie ist über ihre FM Anlage mit allen Kollegen verbunden, kann also sicher sein, dass ihr akustisch nichts entgeht. Das ist nur dadurch möglich, dass das Arbeitsklima in ihrer Klinik sehr gut ist. Daher ihr Tipp: Suchen Sie sich einen verständnisvollen Chef.
Es folgte eine ausführliche Fragerunde, zu der alle Referenten auf die Bühne gebeten wurden. Nach dem Mittagessen referierte Oliver Penninger, Fachanwalt für Sozial- und Medizinrecht. Er berät schwerbehinderte Menschen. In erster Linie ging es um Kostenübernahmeverfahren. Er hat zunächst den Begriff der Hilfsmittel erklärt. Das CI ist kein Hilfsmittel, da es fest in den Körper des Patienten eingebracht ist. Bei Hörgeräten- diese sind Hilfsmittel- ist es wichtig, den gesetzlich geregelten Beschaffungsweg genau einzuhalten, damit die Kassen Geräte bezahlen, die den Festbetrag überschreiten. Wichtig ist noch, dass das Bundessozialgericht entschieden hat, dass die Kassen Rauchmelder mit Lichtsignal bezahlen müssen.

Der nächste Beitrag war den hörgeschädigten Kindern gewidmet. Frau Ulrike Girardet vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst und Frau Martina Wende von der Mobilen Sonderpädagogischen Hilfe berichteten über ihre Arbeit. Der MSD Hören ist schon seit 30 Jahren tätig und betreut hörgeschädigte Kinder in Regelschulen. Dass er heute stärker wahrgenommen wird, liegt an der Inklusionsdebatte.
Was ist der Unterschied zwischen Integration und Inklusion? Bei der Integration besteht die Aufgabe darin, dass das Kind sich an die vorliegenden Verhältnisse anpasst, bei der Inklusion sollen die Verhältnisse den Bedürfnissen der Kinder angeglichen werden. Die beiden Dienste betreuen in Oberbayern an allen Schularten 872 hörgeschädigte Kinder. Die 18 Mitarbeiter müssen also sehr viel fahren.
Am Beispiel eines hochgradig schwerhörigen Mädchens mit sehr eingeschränkter Sprachfähigkeit wurde verdeutlicht, wie der MSD arbeitet. Es wird für die nötige technische Ausstattung gesorgt, an den Schulen muss herausgefunden werden, wie man die Lernbedingungen für ein hörgeschädigtes Kind optimieren kann. Welcher Lehrer ist für die Aufgabe besonders geeignet? Was soll bei Überforderung des Kindes geschehen? Wie kann die Zusammenarbeit mit den Akustikern gestaltet werden? Wie lässt sich die Raumakustik verbessern? Diese und viele weitere Fragen müssen geklärt werden. Das Mädchen hat sich inzwischen sehr positiv entwickelt und kann zum neuen Schuljahr an eine Realschule gehen.
Zum Abschluss der Vortragsrunde gab es eine Podiumsdiskussion, an der außer den Referenten folgende Personen teilnahmen: Thomas Jaggo, von der Firma Jaggo Media, Anna Stangl, Psychologin, die in einem Beratungszentrum in München tätig ist, Ursula Haberkorn, Leiterin des BBW München, Monika Ebert, Heilpraktikerin sowie Theresia Schmitt-Licht, Sozialpädagogin. Sie ist hörgeschädigt und Ansprechpartnerin für schwerhörige Menschen in der BLWG München. Alle Teilnehmer beschrieben zunächst ihr persönliches „(T)Ohr zur Welt“.
Anschließend beantworteten sie wiederum Fragen aus dem Publikum.
Die bunte Veranstaltung schloss mit einem Beitrag aus dem Hip Hop Workshop und anschließend gab es die große Losziehung des Gewinnspiels und Bekanntgabe der Gewinner. Es gab tolle Preise. Der Hauptgewinn war ein Wochenende mit 2 Hotelübernachtungen für zwei Personen.
Am Schluss gab es noch viel zu danken: Den Workshopleitern, die parallel zum Vortragsprogramm für viel Abwechslung, Entspannung und Informationen gesorgt hatten. Aber auch den beiden Frauen von der Kinderbetreuung, die mit den Kleinen einen schönen Tag verbracht haben. Ein besonderer Dank gilt Veronika Fischhaber, Simone Schnabel und Christian Gentz, die den Tag organisiert hatten.
Gut gelaunt und mit vielen neuen Informationen ausgestattet verließen alle das Salesianum und freuen sich auf den nächsten Infotag am 16. Juni 2016 in Würzburg.

Text: Adelheid Braun

 

Nach einer fast zweistündigen Bahnfahrt von Passau nach München machten sich die vier Mitglieder des Vereins und der CI-SHG-Ostbayern auf den Weg zur Infoveranstaltung zu der, der Bayerische Cochlea-Implant-Verband e.V. München eingeladen hatte.

Neben den vielen angebotenen Fach-Vorträgen waren auch Workshops angeboten.
Sehr angetan waren die Mitglieder vom Berufsbildungswerk München, die mit einer Sparte „Maler und Lackierer“ vertreten waren. Vor Ort konnten sie eigenhändig mit Schablone und einem Airbrushgerät das Motiv Katze auf das Papier bringen. Ausbildungsleiter Andreas Heinz, mit zwei Auszubildenden konnten mit Geduld die Besucher überzeugen, dass jede/r eine kreative Ader besitze.

Mit der Einführung in die Gebärdensprache mit Hannes Wuckel konnte man sich in die Welt der Gehörlosen versetzen. Der Referent erklärte den Unterschied von LBG und DGS. Wir alle versuchten mit Gebärden zu kommunizieren. Dass dies nicht so einfach ist, konnten alle feststellen.

Das Berufsbildungswerk Nürnberg bietet acht Ausbildungsbereiche über 27 Berufe an. Wir waren sehr erstaunt, was für Hörgeschädigte alles angeboten wird.

Der Bayerische Landesverband für die Wohlfahrt Gehörgeschädigter e.V. klärte uns auf, in welchen Regierungsbezirken Bayerns sie ihre Informations- und Servicestellen platziert haben. Hier kann man sich kostenlose Hilfe wie z. B. allgemeine Sozialberatung, Unterstützung in Belastungssituationen usw. in Anspruch nehmen.

Die schwerhörige Heilpraktikerin und Physiotherapeutin Monika Ebert überraschte uns, indem sie uns von den osteopathischen Anwendungen im HNO-Bereich von ihren Erfahrungen berichtete. Die Selbstheilungskräfte des Körpers werden hier angeregt. Ziel ist es, die Strukturen wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Neugierig guckten wir uns den Tanz/Rhythmus mit Birgit Arnsberg an. Sofort wurden wir aufgefordert mitzumachen. Ungeübt so wie wir waren, hatten auch wir das Gefühl nach einiger Zeit, den Bolivischen Regentanz schon ewig getanzt zu haben. Uns machte es sehr viel Spaß mit diesen Bewegungen und Untermalung der Musik in die Welt des Tanzens hinein zu schnuppern.

Technik mit Peter Lottner, seine Tipps und Empfehlungen diesbezüglich zum Telefonieren und zum Fernsehen waren sehr wertvoll für uns. Auch eine kleine FM-Anlage konnten wir vor Ort testen.

Auf der Heimfahrt haben wir lange darüber gesprochen, wieviel Organisation dahinter steckt um uns die Möglichkeiten der Vorträgen und Workshops anbieten zu können. Wir bedanken uns sehr herzlich bei der BayCIV unter der Leitung von Vorsitzender Regine Zille für den schönen Tag in München und die nette Gastfreundschaft.

Text: Cornelia Hager


Bilder von Herbert Egert und Mechthild Pöttker